Die
Wahrheit ist eine Lüge, die man glaubt, bis man es besser
weiß.
|
|
Die
Netzzeitung für Skeptiker
|
Querverweise Titelseite |
Ich
will keine Schokolade,
ich will lieber ... Erinnern Sie sich noch daran: "Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann...", sang eine bekannte Schauspielerin in den 50-er Jahren. Sie spielte in den Filmen jener Zeit meist lustige, ulkige Rollen und fiel auf wegen ihrer Leibesfülle. Dass die keine Schokolade mehr will, ist uns klar, dachten sicher so manche von uns. (Seien Sie ehrlich!) Dabei würde sie ihr gut tun. Ein Mann kann glücklich machen, muss aber nicht. Auf Schokolade hingegen war Verlass. Oder? Was für eine Enttäuschung! Es kam, wie es kommen musste. Da hatten wir geglaubt, wir könnten Schokolade essen und uns trotzdem gut fühlen - im wahrsten Sinne des Wortes. Keine Gewissensbisse. Keine schlechte Laune danach. Kein Verstecken und Verheimlichen vor den anderen. Kam jemand daher und fragte uns vorwurfsvoll, wie wir denn schon wieder eine Schokolade naschen könnten (bei dem Übergewicht, das wir hätten), so konnten wir entgegnen, Schokolade sei gut fürs Gemüt. Schokolade verbessere die Stimmung und guter Stimmung zu sein, das ist so wichtig heutzutage, wenn man Erfolg haben will - im Beruf und im Privatleben. Miesmuscheln, Schwarzmaler, Gnitterpötte, die nimmt doch keiner, die kommen nicht voran, die will niemand zum Freund, zum Kollegen oder gar zum Chef haben. Also, ein Stück Schokolade, dagegen ließ sich doch nichts sagen! Aber nun ist alles hin. Alles nicht mehr wahr. Alles gelogen. Australische Wissenschaftler haben uns diese schöne Illusion geraubt. (Und damit unsere Stimmung schon mal als Erstes verdorben. Doch Schokolade hilft nun nicht mehr dagegen, wie wir wissen!) Sie haben herausgefunden, dass das Gehirn denjenigen, der zum Vergnügen reichlich Schokolade isst, zwar mit einer Genusserfahrung belohnt, so etwa „Hm, sowas Leckeres. Das will ich bald wieder essen.", aber die Stimmung als solches lässt sich mit einer Tafel Schokolade nicht aufhellen. Da müsste man schon eine ganze Lastwagenladung mit Schokolade verspeisen, sagen die Australier, und man würde doch nur einen Effekt erzielen, der dem einer einzigen Tablette gegen Depressionen entspricht. Stellen Sie sich das mal vor: Da isst man dann so eine Riesenmenge Schokolade - wie viele Tafeln mögen das wohl sein? Tausend vielleicht? - und könnte sich eigentlich vielleicht doch ein bisschen besser fühlen, aber verfällt dann in eine noch größere Depression wegen der 20 neuen Kilo Übergewicht. Das ist doch keine Alternative! Und wissen Sie, was noch viel schlimmer ist? Die australischen Wissenschaftler meinen, wer aus rein emotionalen Gründen viel Schokolade esse, also wer damit seine Verstimmung bekämpfen will, der könne zwar durchaus eine kurzzeitige kleine Aufhellung erfahren, der fühlt sich tatsächlich einen Moment lang besser, doch wenn dieser Augenblick verflogen ist, dann geht es ihm meistens noch schlechter als zuvor. Ob Goethe deshalb schrieb: "Verweile Augenblick, du bist so schön!"? Mag sein. Doch wer will das Danach riskieren? Also, liebe Leser, riskieren Sie besser nichts! Essen Sie Schokolade oder zumindest ein Stück davon, weil sie ihnen schmeckt und tun Sie das ruhig auch einmal ohne schlechtes Gewissen, merken Sie sich aber, was die Wissenschaftler sagen: „Unsere Durchsicht verwirft jede Möglichkeit, dass die zur Stresslinderung und als Stimmungsaufheller begehrte Schokolade irgendeinen antidepressiven Nutzen hat." So ist es nun. Vorläufig jedenfalls. Bis etwas Neues herausgefunden wird. Jens-Robert
Schulz
(nach
einer dpa-Meldung vom 29.03.2006)
|
Archiv (siehe Titelseite) |
|